„LIEBER TRAURIG, ALS WÜTEND"

Lesung für die 10. Klassen mit Alois Prinz

Wie wird aus einem gutbürgerlichen Mädchen und einer bekennenden Pazifisten am Ende ein Mitglied einer Gruppierung, welche die Gesellschaft in den 70er-Jahren und insbesondere den Staat vor große Herausforderungen stellte? Was bewegte die Menschen in der damaligen Zeit und wie muss man sich die gesellschaftliche Auseinandersetzung vorstellen?

In einem anschaulichen und lebendigen Vortrag führte Alois Prinz anhand der Lebensgeschichte von Ulrike Meinhof in die Zeit der 60er- und 70er-Jahre ein. Ulrike Meinhof, eine Vollwaise, die bei einer Freundin ihrer Mutter aufwächst und zunächst - beeinflusst von ihrer Schulzeit an einem kirchlichen Gymnasium - den Wunsch hegt, Lehrerin zu werden. So studiert sie in Marburg Psychologie und Pädagogik. Doch aus ihrem gehegten Wunsch wird nichts und Ulrike Meinhof wird Journalistin für die Zeitschrift konkret, wo sie sich für die Belange der „Schwachen und Benachteiligten“ einsetzt. Mit Anfang 30 hatte sie alles erreicht, wovon andere nur träumen können: Berühmtheitsgrad, eine Villa in Blankenese, einen Mann, zwei Kinder, der Verkehr in angesehenen Kreisen der Schickeria … Doch 1970 lässt sie alles hinter sich und taucht in den Untergrund ab. Sie schließt sich Andreas Baader und Gudrun Ensslin an, wird die Stimme der RAF, der „Staatsfeind Nr.1“ und schreibt Geschichte. Ein Weg, den ihre Wegbegleiter, wie z.B. ehemalige Klassenkameraden und Freunde, nicht nachvollziehen konnten. Sie zeichnen ein anderes Bild von „Quieke“, wie sie mit Spitznamen genannt wird. Umso weniger lässt sich für die Zuhörer der Weg in den Untergrund logisch nachvollziehen …

Mit gebotener Neutralität schildert Alois Prinz das Leben von Ulrike Meinhof, gibt unterschiedliche Einblicke in die Zeit und das Gedankengut in der Gesellschaft. Doch die meistgestellte Frage nach dem Warum kann Prinz nicht beantworten. Dafür gibt er Einblicke in das Leben eines Schriftstellers, der sich getraut hat, sich mit diesem kontroversen Thema bzw. einer Person, die die Gesellschaft polarisiert, auseinanderzusetzen. Dabei zeichnet er auch den Weg der Entstehung der Biographie mit dem Titel „Lieber wütend als traurig“, die 2004 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet wurde, nach.

Am Ende bleiben viele Fragen offen und nachdenkliche Gesichter übrig. Wir möchten uns am Ende für den sehr informativen, spannenden und eindrücklichen Vortrag bedanken, der mithilfe finanzieller Unterstützung des Elternbeirates in diesem Schuljahr noch möglich gemacht werden konnte. Vielen Dank für die Unterstützung!

 

OStRin Alexandra Weber 

2021 07 28 Unterricht Geschichte Prinz 01
Alois Prinz bei der Lesung mit Zehntklässlerinnen und Zehntklässlern