FÜR JULIA WURDE EIN TRAUM WAHR

Haßfurt/Steinbach

„Ich wollte schon immer mehr von der Welt sehen, auch in einem anderen Land neue Leute kennenlernen und mein Englisch verbessern. Außerdem steckte die Neugier auf anderes dahinter.“ Mit dieser Motivation brach die 16-jährige Gymnasiastin Julia Meyer aus Steinbach vor einem Jahr in die USA auf, um 10 Monate in einer amerikanischen Schule zu verbringen. Mit vielen Eindrücken und Begeisterung kehrte sie nun wieder zurück und zieht eine eindrucksvolle Bilanz.

Julia Meyer nutzte das Jahr der „individuellen Lernzeitverkürzung“ am Gymnasium in der 11. Klasse und fand die Idee gut, ein Auslandsjahr in den USA zu verbringenSie habe sich gut vorbereitet über die Schüleraustauschorganisation „International EXPERIENCE“, habe aber nicht gedacht, dass ein so aufwendiger Anmeldeprozess notwendig sei angefangen von Arztterminen, Impfungen bis hin zu einem eigenen Video für die Gastfamilie.

Ziel ihres Aufenthaltes war die rund 240 000 Einwohner zählende Stadt Norfolk im Bundesstaat Virginia an der Ostküste „und zwei Wochen davor wusste ich noch nicht, in welche Familie ich kommen würde. In einem 10-minütigen Telefongespräch erfuhr ich dann einiges über die Familie und mit großer Freude haben sie mich dann am Flughafen abgeholt.“ Man merkte ihnen ihre Erfahrung mit Austauschschülern an, zumal sie in der Vergangenheit schon solche aus Russland, China, Frankreich, Spanien und auch aus Deutschland hatten. Die Gasteltern Homer und Denise hatten 4 Kinder, die alle schon erwachsen sind. Nur der Jüngste Sohn wohnt mit 26 Jahren noch zu Hause und es gab 4 Hunde und einen Papagei.

„Safety“ zuerst

Mit dem bekannten gelben Schulbus kam Julia an ihrem ersten Schultag dann nach rund 35 Minuten in dem stattlichen Schulgebäude an, wo „Safety first“ galt. „Mit den Büchertaschen musste man an Metalldetektoren vorbei, die gefährliche Metallgegenstände oder Waffen mit einem lauten Ton anzeigen. Auch auf den Fluren darf man sich nicht frei bewegen, sondern braucht zum Verlassen des Raumes die schriftliche Erlaubnis mit dem `Hallway-Pass´.“ Ebenso gebe es „Security-Leute“, die sogar Pfefferspray anwenden dürften, um die Streithähne auseinanderzubringen. „Ja, es gibt nicht selten Gewalttätigkeiten und Schlägereien“, berichtet Julia und glaubt, dass Konflikte von Familien oder mit Drogen und Banden mit in die Schule gebracht würden.

Julia schon beim Eintritt in die Schule aber auch etwas anderes aufgefallen. „da sieht man gleich viele Sachen wie Gemälde von den Rektoren an der Wand und eine ganze Menge von Pokalen sind ausgestellt. Der Sport hat also einen hohen Stellenwert.“ Auch die Zimmer hätten eine ganz andere Bedeutung. „Hier gibt es keine Klassenzimmer, sondern eigentlich nur Kursräume. Ich musste mir aus einem Angebot einen individuellen Stundenplan in  Absprache mit meinem „Guidance Counselor“ zusammenstellen.

An manchen Schule sei auch strenge Kleider- und Verhaltungsordnung typisch, „aber das war an unserer Schule nicht. Die Pünktlichkeit wurde jedoch sehr ernst genommen. Wenn man zwei Minuten nach dem Gong kam, wurde es gleich notiert und wenn dies öfter geschah, wurde das mit Nachsitzen oder anderen Maßnahmen bestraft. Auch wenn die Hausaufgaben nicht pünktlich abgegeben werden, geht es streng zu.“ Dagegen gehe man sehr offen mit den Zensuren um, die man immer einsehen könne. Statt Ziffernnoten von 1 bis 6 gebe es hier die Buchstaben von  A bis F und es werde alles benotet oder mit Tests online abgefragt. Bei den Arbeiten geschehe vieles über einen kleinen Laptop. Sogar der Englischaufsatz werde oneline abgeliefert.

Sport mit hohem Stellenwert

Neben dem regulären Unterricht gefielen Julia das breitgefächerte Angebot an Wahlfächern wie Schauspiel, Schach, Gesang und vor allem die sportlichen Angebote. Durch diese vielen sportlichen Veranstaltungen wie Football, Baseball u.a. entwickelt sich ein richtiges Zusammengehörigkeitsgefühl, das auch noch durch die gleichen farbigen T-Shirts gepusht werde. 

Dafür gibt es sogar ein Fan-Shop an der Schule, wo man alles kaufen kann. Julia zeigt hier voller Stolz ihre Urkunden und Auszeichnungen, denn sie landete bei „Cross country“ unter den Top 10. Jeden Tag absolvierte sie ein zweistündiges Tennistraining und gewann mit ihrem Team die „District-Meisterschaft“  und auch die nächsthöhere Regionalmeisterschaft. „Es war  ein unbeschreibliches Gefühl, mit dem Team  für unsere Highschool solche Erfolge zu erreichen.“ Das sei ein ganz besonderer „Spirit“ und bei vielen Gelegenheiten werde dann immer wieder die Nationalhymne gesungen. „Leistung wird hier sehr honoriert und man erhält viel Lob und öffentliche Auszeichnungen, auch für gute Charaktereigenschaften .“ Zu solchen Veranstaltungen würden sogar die Eltern ins Auditorium eingeladen. 

Julia meinte, dass sie schon vom Gymnasium in Haßfurt ein gutes Englisch mit in die USA brachte, „aber nach so einem Aufenthalt wird es flüssiger und kann man einfach drauf los reden. Ich spreche jetzt eigentlich fließend englisch.“ Mit der Verständigung und dem Kennenlernen hatte sie nach ihren Aussagen keinerlei Probleme. „Es ist einfach, Freunde zu finden, denn die Leute sind offen und neugierig“. Der Akzent veranlasste sie höchstens zu fragen: Woher bist du? „Die Leute fanden das interessant und stellten dann dauernd Fragen über Deutschland und Europa oder es kam schnell eine Einladung zum Geburtstag.“ 

Gasteltern kümmerten sich wie um eigene Tochter

Natürlich lebt ein solcher Austausch auch von dem Engagement der Gasteltern und hier traf Julia ohne Zweifel auf einen „Glückstreffer“ und eine „tolle Familie“ . Das sieht man schon an ihren Geschenken, die sie von ihnen mitbrachte. Sie hatten über die Zeit, die Unternehmungen und Ausflüge sogar in andere Bundesländer mit ihrer „Gastschülerin“ eine großen Bildband mit dem Titel „Our year in Review“ gefertigt, ein großes Transparent mit Bildern von Erlebnissen mit der Familie und vieles andere mehr. Auch Mama Manuela zu Hause zeigte sich „super stolz“ auf ihre Tochter, „dass sie sich dieses Jahr zugetraut hat und in ein fremdes Land gegangen ist. Dabei hat sie alles selbst organisiert.“

Die 16-jährige Schülerin Julia ging mit offenen Augen durch das andere Land und sah manches auch etwas kritisch. So sprach sie von einer „auffallenden Plastikverschwendung, weil alles doppelt und dreifach eingepackt ist“. Verschwenderisch sah sie auch die vielen „Pickup-Autos“, aber für alles brauche man das Auto, weil es keinen öffentlichen Nahverkehr gebe oder man in solchen Bussen nicht mitfahren könne. Die Gewaltdelikte an Schülern seien an der Tagesordnung. 

Interessierten Schülern gibt sie den Tipp „viele Sachen ausprobieren und sich aktiv am Schulleben beteiligen. Dabei gibt es für jedes Interesse einen Club an der Schule. Einfach `hallo´ sagen und auf die Leute zugehen!“ Auf die Frage, wie es nun in ihrem Leben weitergehe, kam spontan die Antwort: „Erst einmal Abitur machen. Auf jeden Falle könnte ich mir ein Studium oder Semester im Ausland vorstellen. Da nannte sie gleich Schweden, weil dort eine Freundin von ihr ist.    

 

Günther Geiling (Haßfurter Tagblatt)

Steinbach Julia 6