NÄHE TROTZ DISTANZ 

Kopfhörer auf und klare Regeln in das Mikro gesprochen: „Hört ihr mich?“... „Karl, schalte bitte noch dein Mikrophon stumm.“ ... „Nicht alle auf einmal sprechen, nutzt erst den Meldebutton!“

So ungefähr kann man sich den momentanen Alltag vieler unserer Lehrkräfte im Homeoffice vorstellen, die versuchen, ihre Schüler per Videokonferenz zu unterrichten. Was in vielen Firmen schon längst Alltag war, hat im Zuge der Corona-Krise auch die Schulen erreicht und damit auch unser Gymnasium. Klar, eine Videokonferenz ersetzt nicht den fehlenden Präsenz-Unterricht, aber sie ergänzt die Selbstlernmaterialien unserer Schüler um eine sehr wichtige weitere Elearning-Variante.

Warum setzen wir Videokonferenzen so gern und häufig ein?

Schön, wenn sich die Klassenkameraden zumindest über den Bildschirm mal wieder sehen.

Neben all der asynchronen Kommunikation mit unseren Schülern (erst Mail, mebis, das eigene RMG-Wiki, die Schulcloud, seit Ostern der Schulmanager) stellt die Videokonferenz eine Möglichkeit der synchronen Kommunikation dar. Fragen können sofort gestellt, Probleme beim Lernen ausgeräumt werden. Jeder Mensch braucht für einen guten Lernprozess diese persönliche Bestätigung, die nicht mit einem schriftlichen Feedback zu vergleichen ist, weil sie das Bedürfnis nach Austausch, Nähe und Klassengemeinschaft befriedigt. Auch für uns Lehrer ist es natürlich viel schöner, unsere Schülerinnen und Schüler zu sehen und mit ihnen zu sprechen, als nur immer in den schriftlichen Austausch zu gehen. Und nach dem virtuellen Unterricht lassen viele Kollegen noch den BBB-Raum offen, damit die Schüler ungezwungen miteinander reden können. Das ist dann fast wie auf dem Pausenhof.

Technisch sind die Hürden gar nicht so hoch: unsere Schule hat mit der Anmietung eines eigenen Servers und der Software „BigBlueButton“ (BBB) eine sehr gute Datenschutzkonformität erzielt. Die neue virtuelle Realität erreichte schon nach wenigen Tagen fast alle Schüler, wie die Buchungszahlen der Lehrkräfte beweisen.

Der größte Vorteil von Unterricht per Videokonferenz ist es, auch die Kinder zu erreichen, die wir schriftlich weniger gut erreichen. Nicht jedes Kind schafft es, sich den Stoff selbst beizubringen. Da mögen die Lehrmaterialien noch so gut aufbereitet sein, das Erklärvideo des Lehrers noch so witzig und liebevoll gestaltet. Die Präsenz der Lerngruppe, die virtuelle Anwesenheit des Lehrers kann hier viel mehr bewirken. Aus unseren Erfahrungen heraus steigt die Lernmotivation und die Hürden, an den Lehrer Fragen zum Stoff zu stellen, sind viel geringer.

Volle Konzentration im Homeoffice

Eine solche Videokonferenz auch einmal im vertraulichen Dialog eingesetzt werden. Zum Beispiel, wenn die Lehrkräfte merken, dass ein Kind mit seinen Aufgaben nicht hinterherkommt oder gar nichts abgibt. Probleme, wie Ängste oder Überforderung können so direkt angesprochen werden, denn es ist sehr wichtig, dass am Ende der Graben zwischen den Schülern, die gern und gut daheim lernen und denen, die das nicht so gut können, nicht zu groß wird. Nicht jedes Kind kann von seinen Eltern beim Lernen motiviert und unterstützt werden. Ein schöner Nebeneffekt ist es, dass durch die erlebte Praxis der Videokonferenzen unsere Schüler eine kleine Vorbereitung auf den späteren beruflichen Alltag erleben.

Videokonferenzen nutzen wir aber nicht nur für den Unterricht. Schule muss derzeit viel organisieren. Deshalb wird die BBB auch in den einzelnen Lehrerteams genutzt, um Dinge zu besprechen - wie es zum Beispiel bei Absprachen über eine Reduzierung des Stoffes getan wird. Im Gespräch kann eben doch vieles schneller geklärt werden. Schulleitungssitzungen finden deshalb ebenfalls seit Wochen über BBB statt und auch für die Eltern der Viertklässler gab es zwei Übertritts-Videokonferenzen, in denen sich die Schule vorstellte und Fragen beantwortet werden konnten. An diesen Abenden konnten wir sogar schon einige der hoffentlich zukünftigen Schüler und Schülerinnen sehen. Da waren die Lena, die Rashta, der Max, der Leon... und schauten sich gemütlich im Beisein ihrer Eltern an, was das Gymnasium so zu bieten hat.

Katrin Hiernickel